Eine besondere Laudatio

von Rolf Vergin

 

Susanne I. Springer

Ausstellung 2017

Thema:

"(M)ein Neuer Weg"

Rathaus Wardenburg


Laudatio

Meine Damen und Herren,

 

eine neue Kunstausstellung unter dem Titel „(M)ein neuer Weg“, mit einer Auswahl von Bildern – mit einer kräftigen malerischen Sprache - von Susanne Irene Springer wird heute hier im Wardenburger Rathaus eröffnet.

Der Titel der Ausstellung signalisiert schon recht offen und vor allem sehr ehrlich, dass er- und durchlebte Schicksalsschläge manchmal Wege aufzeigen, die sonst im Verborgenen weiter vor sich hin schlummern würden.

Plötzlich werden  Talente entdeckt oder wiederentdeckt, Leidenschaften und Gefühle spürbar, die nun zart oder impulsiv, behutsam und voller Zärtlichkeit, aber auch mit Wut und Ungestüm zum Ausdruck dringen. Diese Leidenschaft gibt dem Gefühl Ausdruck…diese Leidenschaft heißt bei Susanne Irene Springer Malen... 

Und noch etwas meine Damen und Herren: die Malerei von Frau Springer ist nicht abstrakt – sondern - ich würde eher formulieren, sie ist nicht figurativ – aber dennoch mit wirkenden Inhalten. 

Diese wichtigen Momente, diese starken emotionalen Kräfte, dieses unbändig wirkende Gefühl bei der Künstlerin  – bekommt Form in ihren ausdrucksstarken Bildern   -   und emotionalisiert.

Und ich würde auch nicht von der Farbe, sondern von den Farben sprechen, denn nur in ihrem Zusammenspiel mit der gesamten Gestaltung, mit den anderen farblichen Kollegen sozusagen,  gewinnen sie ihre ganze Kraft. 

Die Wirkung eines Bildes beruht also zu einem großen Teil auf der Beschaffenheit seiner Oberfläche – gestaltet mit Farben und weiteren verwendeten Materialien.

 

Die Arbeiten von Susanne Springer sind aus Raum und Zeit gefallene Bildwelten - deren Ortlosigkeit bei uns allerdings Resonanz findet, finden könnte - vorausgesetzt der Betrachter bringt sich unvoreingenommen und völlig frei ein – dann könnte er dabei seine – in sich ruhende ganz persönliche Stimmung - durch die Gemälde hervorrufen  – und in einen sprachlosen und intimen Dialog treten.

 

Ja, so ist es:

Farbräume und magisch leuchtende Farbsegmente treffen in den Bildern aufeinander und ziehen den Betrachter in seinen Bann. Diese Farbinseln prallen in der Tat auf formgebende, waagerechte oder senkrechten Linien aufeinander, reagieren miteinander, treten in Konkurrenz, konzentrieren sich, finden Ruhe und Aufregung, lösen und entspannen sich, finden Einklang aber auch Unruhe.

Die bildhafte Darstellung wird dabei konsequent vermieden, die sonstige gewohnte und leicht verständliche Beziehung von Figur und Hintergrund entfallen und der kompositionelle Bildaufbau oder ein Rückbezug auf die Bildräumlichkeit wird fallengelassen, findet keine Anwendung bei Frau Springer.

Die Farbe und das verwendete Material wird selbst zum Thema des Bildes – wird oder ist Ausdruck des  momentan herrschenden oder beherrschenden Gefühls der Künstlerin. Es wäre kurzsichtig zu denken, dass Farbe einfach geschieht, sondern diese wird von Susanne Irene Springer als Bild und im Bild, erarbeitet.

Einzelne Streifen und Kreise, die die Bildfläche dynamisch durchdringen, deuten den Duktus an, der vom Pinsel, von einem Spachtel oder von sonstigen Werkzeugen auf den Bildträger aufgetragen ist. Der Prozess der Farbschichtung ist eine der vielen Herausforderungen, die immer zu Überraschungen neigen und sich nicht lenken lassen. 

Die Künstlerin Springer geht beim Malen nicht von einem gewollten oder gewünschten Bildinhalt aus, wobei es aber legitim ist, nach der Fertigstellung zu assoziieren. Natürlich können wir vor unserem geistigen Auge Landschaften entstehen lassen oder einen schwebenden Garten, was uns ästhetisch reizt, selbstverständlich, wir spüren vergangene Ereignisse und gewesene  Zustände, Erinnerungsfetzen kommen uns in den Sinn – wenn wir es gedanklich zulassen.

Susanne Irene Springer geht eben nicht von einer solchen realen Wirklichkeit aus und das ist der entscheidende Ansatz, ihren Arbeiten zu begegnen.

Die Bilder von Susanne Irene Springer lassen sich eher als Fenster begreifen, die den Blick in eine besondere Welt bieten. Diese Welt geht in ein Inneres, das jeder für sich allein entdecken und bestimmen muss. Ihre Farbmalerei bietet Rückzugmöglichkeiten, die jeder auf seine Art nutzen kann. Dabei ist der Weg des Betrachters immer individuell. Die Frage, ob man etwas sucht oder was man schließlich findet, muss ohne strikte Vorgaben und Leitfäden beantwortet werden.

Letztlich wird es auch nie gelingen, eine bestimmte Farbe,  derart in Worte zu fassen, dass jeder Rezipient nur annähernd dasselbe fühlt, wenn er ein sanftes, samtenes und sattes Rot, korrespondierend  mit einem tiefen  Schwarz von Susanne Springer betrachtet.

Die Farbe, die sie wahrhaft zum Leuchten und zur Mitteilung bringt, wird im Hinblick auf die Intensität und Fülle ihrer sinnlichen Gegebenheit in all ihren Bildern quasie zur reinen Poesie.

Das, was die Künstlerin durch ihre  Sinne und in ihrem  Gefühl spürt und schon erfasst hat, wird nachgestaltet -  im weiteren Sinne das, was sie im Innersten beschäftigt, Ihre Bilder sagen also etwas aus über ihr Leben, und damit haben sie eine bestimmte, eigene, sehr persönliche, sehr intime Aussage, sie signalisieren  das Gefühl der  Freude, der Bewegtheit, der Überraschung - können aber auch  Trauer und  Frustration beinhalten oder beim Betrachter hervorrufen  -  es sind alles wichtige Lebens-Momente

Frau Springer macht denn auch einzig und allein das -  was Maler/Malerinnen seit jeher tun: Empfundenes/Gefühltes mit Farben auf die Leinwand übertragen – sich sichtbar zu machen, das Innerste nach außen zu kehren. 

 

Kommen wir noch kurz zu den Aktbildern, meine Damen und Herren. Dazu noch zwei, drei vorsichtige Sätze :

Picasso formulierte einmal den Satz: „Zwischen Sexualität und Kunst gibt es keinen Unterschied, denn Kunst ist immer erotisch.“ 

Und damit ist Kunst alles andere als verstaubt und langweilig, recht hat er. Denn sie hat, wie die Erotik, vor allem mit einem zu tun: mit dem Leben und hier speziell mit dem Menschen.

Auf unser Auge wirkt der Anblick des Nackten erst einmal ungewohnt – aber in unserem Inneren ruft er bestimmte Vorstellungen hervor – kurz gesagt: die Wirkung des Nackten im Leben auf den Betrachter hat eigentlich zwei Bestandteile: ersten den Reiz des Ungewohnten, wie gesagt  und zweitens den Reiz des Sinnlichen.

Einen Unterschied gibt es allerdings: der nackte Körper eines Mannes wirkt anders, als der nackte Körper einer Frau. Das mag daran liegen, dass der Körper einer Frau in der Natur nachhaltiger und vollständiger in Anspruch genommen wird, als der Körper des Mannes - sie empfängt, sie gebärt, sie stillt.

 

Die wundervollen Aktbilder, in fotorealistischer Malweise von Susanne Springer – im Übrigen alles Frauen-Akte - laden uns als  Betrachter, auch als  Betrachterin tatsächlich ein, sich in Sinnlichkeit zu verlieren, die Vertrautheit strahlt förmlich aus den Bildern heraus - sie sind in sich stimmig und regen den Gedankenfluss an – so ist es, so soll es sein.

 

Zum Schluss: dann die vielleicht dringlichsten aller Fragen, die sich die Künstlerin stellt -  wie kann es gelingen, die Kraft des Gefühlten – lesbar für alle - umzusetzen auf die Leinwand? Wann ist ein Bild fertig? Wann muss man aufhören, ohne die Komposition zu zerstören? 

Dieses ist sicherlich ein ganz individueller Prozess und kann nur von der Künstlerin in einem Dialog mit sich selbst gelöst werden - das Ergebnis ist dann allerdings einzigartig, zugleich großartig und nicht reproduzierbar.

Die Künstlerin sagt selbst " mir helfen meine Gefühle, denn ohne sie wäre keines meiner Bilder entstanden. So entsteht das, was mich gerade bewegt und beschäftigt. Es gibt für mich kein Richtig oder Falsch. Wichtig ist, dass ich mich mit dem Gegenüber, dem Bild identifizieren kann.

  

Ich danke dir, liebe Susanne, dass Du Deine Werke hier im Rathaus einer Öffentlichkeit präsentiert und Ihnen meine Damen und Herren für die Aufmerksamkeit.

 

Rolf Vergin

Kulturbeauftragter der Gemeinde Wardenburg